Geld verdienen als Kreative*r

Geld verdienen als Kreative*r

Wie man ein faires Honorar verhandelt

Unternehmen entscheiden sich gerne für's günstigere oder gar kostenlose Angebot - doch ab welchem Zeitpunkt solltest du als Kreative*r Geld verlangen oder manche Angebote sogar komplett ablehnen?

In kreativen Berufen, in denen die Künstler*innen freiberuflich tätig sind, ist Geld oft ein schwieriges Thema. Ein Argument von den Auftraggeber*innen lautet meistens, dass sich sicherlich auch jemand finden lässt, der das Projekt günstiger oder gleich ganz kostenlos macht - immerhin bekommt man ja Material fürs Portfolio oder eine Instagram-Erwähnung. In vielen Fällen, vor allem im Bereich der Fotografie, stimmt das leider auch.



Wie lässt sich also der Konflikt zwischen ausreichend verdienen und trotzdem den Auftrag bekommen lösen?

Kreative Freiberufler*innen aus dem Musik-, Design- und Kunstbereich haben uns ihre Sicht auf diese Problematik erzählt...

KYTES

Die KYTES sind eine Indie-Band aus München. 2016 gewannen sie den New Music Award, der ihnen zum Durchbruch verholfen hat. Musik machen sie aber bereits seit 2009.

Markus Kavka

Markus Kavka arbeitet als Moderator, Journalist, Autor und DJ uns ist zudem wohl die Koryphäe des deutschen Musikjournalismus. Auf egoFM ist er jeden Samstag von 10 Uhr bis 12 Uhr zu hören.

Susi Gelb

Susi Gelb hat an der Akademie der Bildenden Künste München studiert und gilt momentan als einer der angesagtesten Künstler*innen Münchens. Für ihr Projekt Kunst im öffentlichem Raum hat sie drei Plätze im Münchner Zentrum in tropische Erholungsstationen umgestaltet und damit völlig neue Orte geschaffen.

Simon Marchner

Simon Marchner ist Grafikdesigner und Illustrator und bekannt für seine Siebdruck-Poster und Plattencover. Er hat bereits Tourposter für The National, Death Cab For Cutie, Metronomy, Noel Gallagher, Beatsteaks und Kettcar gemacht.

Sebastian Lehner

Sebastian Lehner arbeitet als Fotograf bei einer Agentur in Festanstellung. Auch in seiner Freizeit nimmt er Aufträge an und fotografiert für die Stadt München, das Muffatwerk oder auf Hochzeiten.
  • Fotograf Sebastian Lehner über faire Bezahlung & unverschämte Angebote
    Das Interview zum Nachhören
  • Künstlerin Susi Gelb über Ausstellungen in Arztpraxen
    Das Interview zum Nachhören


Aller Anfang ist schwer...

...das gilt vor allem in Berufen, in denen man freiberuflich ohne feste Verträge arbeitet. Jeden Monat ein festes Gehalt auf dem Konto gibt es mit diesem Arbeitsmodell nicht. Und auch keine Gewerkschaft, die einen festen Stundenlohn für alle Arbeitnehmer*innen aushandelt, fehlt. Jeder Auftrag muss daher neu verhandelt werden. Vor allem zu Beginn der Karriere ist es nicht einfach, einen angemessen Preis für die Arbeit zu verlangen.

"Ich kann dir nichts zahlen, aber das ist eine gute Referenz für dich"

Oft müssen Nachwuchskünstler*innen zunächst Erfahrung sammeln - das geht meistens nur, wenn man seine Fertigkeiten kostenlos anbietet. Und mal ehrlich: Wer würde eine Band für viel Geld buchen, die noch nicht mal auf dem Schulfest gespielt hat? Außerdem kommen die meisten Anfragen zu Beginn auch aus dem Bekannten- oder Freund*innenkreis, was es noch schwieriger macht, einen angemessenen Preis zu verlangen. Das führt vielmals zu unnötig hohen Freundschaftsrabatten - oder dass du sogar komplett ohne Bezahlung arbeitest. 

Für Susi waren die finanziellen Aspekte ihrer Kunst während des Studiums nicht entscheidend. Erst nach ihrer Abschlussprüfung wurde ihr bewusst, dass sie nun umdenken muss. Statt des Arbeitens in der Akademie musste sie ein eigenes Atelier mieten und auch eine Wohnung gibt's nicht so günstig wie ein Studierenden-Apartment. Von da an musste sie ihre Zeit genau einteilen und überlegen, was sie noch kostenlos machen kann - und was nicht.

Auch Simon hat erkannt, dass er sich finanziell professioneller aufstellen muss. Für ihn war das nicht einfach, denn "davor schreckt man oft zurück". Ihm fehlten Preise von anderen Designer*innen, um sich zu vergleichen und zu sehen, wie viel seine Kolleg*innen verlangen. "Ich wusste nicht, wo ich ansetzen sollte". Bereits am Anfang war Simon wichtig, dass er einen Preis verlangt, der für beide Seiten angemessen ist. 

Unter Fotograf*innen heißt es, dass die ersten 10.000 Bilder die schlechtesten seien - laut Sebastian. Das beschreibt, dass in diesem Medienbereich zunächst viel Zeit und Know-How investiert werden muss. Sebastian meint, man sei nicht per se gut, sondern werde erst nach einiger Zeit gut. Daher müssten spätere Aufträge dann auch gut bezahlt sein.

"Wer anders macht's billiger oder sogar umsonst"

Ja, vermutlich wird sich im Musik- und Kunstbereich immer jemand finden, der günstiger arbeitet. Für Markus Kavka ist der hohen Konkurrenzdruck ein Problem, um angemessene Preise zu verlangen. Wenn er eine Fernsehsendung produzieren möchte, finde er immer eine Produktionsfirma, die noch günstiger sei. Deshalb ist wichtig: Von den Konkurrent*innen, die unter Wert arbeiten solltest du dich nicht abschrecken lassen. Susi rät, dass die Rechnung möglichst nachvollziehbar gestaltet ist und ganz besonders auch die Kosten enthält, die der/die Auftraggeber*in nicht auf den ersten Blick erkennt. So ist es beispielsweise auch bei den Kytes: Das eigentliche Konzert mag vielleicht nur 45 Minuten dauern, mit Anfahrt, Proben und Soundcheck können daraus aber schnell sieben Stunden und mehr werden. Auch dass sie mit einem großen Bus, Licht- und Tonmeister*in anrücken, bleibt dabei meist unerkannt.

Aus diesem Grund ist Simon ehrlich und nennt offen seinen Wunschpreis, den er für seine Arbeit gerne hätte - wird dennoch zu wenig bezahlt, lehnt der den Auftrag auch ab. Genauso macht es auch Sebastian. Viele Hobby-Fotograf*innen bieten ihre Kenntnisse zu geringen Preisen oder gar kostenlos an. Sebastian versucht daher klarzumachen, dass es zwar ganz viele Menschen gibt, die fotografieren - aber nur wenige, die darin auch wirklich gut sind. Sollte der/die Kund*in dennoch zu wenig bezahlen wollen, erklärt er, wie sich seine Kosten zusammensetzen. Sebastian hat eine klare Meinung: "Entweder, der/die Auftraggeber*in will wirklich mich und meine Bilder und ist dann auch bereit, dafür zu zahlen - oder halt nicht!"

"Aber du machst deine Arbeit doch gerne?" 

Interessante Vorstellung: Darfst du also nur bezahlt werden, wenn dir deine Arbeit keinen Spaß macht? Im kreativen Arbeitsumfeld ist diese Argumentation leider häufig zu hören. Für die Kytes zählt dieses Argument nicht. Sie finden, dass ihre Kunst etwas wert ist. Auch, beziehungsweise gerade wenn es Spaß macht. Die vier Jungs glauben, dass Kreative oft nicht über Geld reden, sondern lieber ihrer Arbeit nachgehen. Sie haben deshalb inzwischen auch eine Booking-Agentur, die die finanziellen Fragen bei Konzerten für sie klärt.

Genauso geht es auch Markus Kavka. Er verhandelt nicht nur ungern, sondern laut eigener Aussage auch schlecht. Am liebsten würde er gar nicht übers Geld reden. Markus Kavka hat nämlich Hemmungen, für Sachen Geld zu nehmen beziehungsweise zu fordern, die ihm Spaß machen. Aus diesem Grund hat er wie die Kytes eine Agentur im Hintergrund, die das für ihn übernimmt. Teilweise macht der DJ und Moderator auch Freundschaftspreise aus. Sein Manager ist davon allerdings nicht begeistert, würde es doch eine Erwartungshaltung schüren, dass dieser besondere Preis nun dauerhaft und für alle gelte.



Mit der Zeit kommt das Selbstbewusstsein


Klar ist Erfahrung wichtig, aber nicht alles sollte für kaum oder sogar gar kein Geld angeboten werden.


Denn: auch Miete, Essen oder Versicherungen sowie deine künstlerische Ausstattung wie Instrumente oder Kameras müssen bezahlt werden - nur mit kostenlosem Eintritt oder einem Kasten Bier funktioniert das aber nicht.Und für andere Künstler*innen ist es durch diese kostengünstige Angebote schwieriger, mit ihrer Arbeit genug Geld verdienen zu können. Also trau dich ruhig, für deine Arbeit ein angemessenes Honorar zu verlangen!


Design ❤ Agentur zwetschke