Ist unser Klima mit guten Ideen vielleicht noch zu retten?
Den Klimawandel eindämmen - das hört sich nach einer Mammutaufgabe an. Ideen, wie man das anstellen könnte, gibt es aber viele. Welche am vielversprechendsten sind und was du tun kannst, erfährst du hier im Interview.
Hans von Storch gehört zu den bekanntesten Klimaforscher*innen aus Deutschland. Mit egoFM Elise hat er darüber gesprochen, ob und welche Ideen es gibt, unser Klima zu retten, was Wissenschaft und Politik tun können und inwiefern unsere Gesellschaft beim Thema Klimakatastrophe bereits abgestumpft ist.
Innovationen fürs Klima
Hans von Storch im Interview mit egoFM Elise
"Die Welt geht unter..."
Überflutung, Hitzewellen, Brände, Waldsterben, Strüme,... Unser Klima ist seit Jahren immer häufiger von Extremen gezeichnet. Dass unsere Welt untergeht, geht einem daher oft schnell mal über die Lippen. Klimaforscher Hans von Storch sagt aber, dass man bei solchen Aussagen etwas differenzierter sein muss. Denn geophysikalisch gesehen wird sich die Erde und ihr Klima in absehbarer Zeit nicht soweit verändern, dass hier überhaupt kein Mensch mehr leben kann. Dennoch wird das Leben, wie wir es aktuell kennen, untergehen. Irgendwo auch logisch, denn die Welt war vor 50 Jahren eine andere und wird auch in 50 Jahren ganz anders aussehen. Gesellschaftlich, sozial und technologisch verändert sich unser Alltag kontinuierlich und so sind unsere Eltern eben auch in einer ganz anderen Welt groß geworden, als wir es tun oder als das es unsere Kinder tun werden, meint Hans von Storch.
"Aber geophysikalisch geht sie nicht unter - aber sie ändert sich. Und damit muss man eben irgendwie umgehen. Und man geht wohl am besten damit um, wenn man einerseits versucht, Änderungen so klein wie möglich zu halten. Aber den Teil, den man nicht vermeiden kann an Änderungen, mit dem muss man umgehen können." - Hans von Storch
Status quo des Klimas: Es wird wärmer
Diese ganzen Veränderungen, auf die wir uns aufgrund der Klimakatastrophe einstellen müssen, wurden erstmals Anfang der 70er-Jahre im wissenschaftlichen Bereich diskutiert und untersucht. Bei der breiten Masse kam das Thema erst Ende der 80er-Jahre auf. Seitdem werden diese Veränderungen des Klimas in der Öffentlichkeit regelmäßig diskutiert - und trotz unterschiedlichster wissenschaftlicher Erkenntnisse und Studien - ob experimentell oder empirisch - von manchen Menschen leider auch immer wieder geleugnet.
"Also das wir einen Klimawandel haben, der davon ausgeht, dass wir beständig durch unsere Aktivität die Treibhausgaskonzentration in unserer Atmosphäre hochhalten und erhöhen - das ist vollständig unstrittig. Und wir wissen, dass diese erhöhte Treibhausgaskonzentration zu einer Erwärmung führt der Atmosphäre und des Ozeans - allem, was irgendwie mit Temperatur zusammenhängt." - Hans von Storch
Das wiederum hat bekanntermaßen einen Einfluss auf andere Dinge - vor allem aber auf den Anstieg des Meeresspiegels und die Intensität des Niederschlages rund um den Globus.
Warum befassen wir uns weltweit nicht kontinuierlich mit der Eindämmung des Klimawandels?
Um die Veränderungen unseres Klimas aber möglichst gering zu halten, benötigen wir nicht nur die Erklärungen und Erkenntnisse, die uns die Wissenschaft liefert, sondern auch Lösungen. Das ist die Aufgabe der Politik, die laut Hans von Storch dafür zu sorgen hat, dass die Interessen der Gesellschaft (zum Beispiel, dass wir eben nicht jeden zweiten Sommer unter einer Jahrhundertflut zu leiden haben), umgesetzt werden. Im besten Fall eben so, dass es allen Menschen im Land mit den Lösung danach auch besser geht.
"Das Besondere an dem Klimaproblem ist aber, dass es ein globales Klimaproblem ist. Das heißt, alle Versuche, den Klimawandel zu begrenzen, können nur dann Erfolg haben, wenn sie wirklich global geschehen. [...] Das heißt, es muss überall auf der Welt geschehen. Und wir müssen eben irgendwie es hinkriegen - die Politik muss es hinkriegen - dass dies überall geschieht." - Hans von Storch
Prioritäten fürs Klima
Auch wenn der Schutz des Klimas in Deutschland eine große Rolle spielt - in anderen Ländern haben die Menschen simpel gesagt einfach auch andere Probleme, zum Beispiel Hunger und Armut. Und dass sich die Prioritäten der Themen auch in Deutschland schnell ändern können, erkennt man zum Beispiel auch an den Folgen des russischen Angriffskrieges gegen Ukraine. Bei der Suche nach Alternativen zur ungenügenden Gaslieferung zum Beispiel, flammen Diskussionen um das Thema Kohle wieder auf. Die Politik muss hier abwägen, wo die größeren Interessen der Gesellschaft liegen und dies entsprechend umsetzen. Und das ist definitiv nicht so einfach, sagt auch Hans von Storch. Das jedoch nicht alle Menschen der Gesellschaft mit dieser Abwägung übereinstimmen, zeigt sich beispielsweise bei den Demos von Fridays for Future oder rund um den G7-Gipfel. Gerade junge Menschen machen sich Sorgen um den Klimawandel und setzen hier höchste Priorität. Hans von Storch hatte bereits zweimal die Möglichkeit, mit Sprecher*innen von Fridays for Future zu sprechen und zu diskutieren. Dabei stellte sich in diesen Gesprächen jeweils heraus, dass die Lösung zur Eindämmung des Klimawandels in einem Systemwandel liegt. Jedoch empfindet Hans von Storch das als sehr ambitioniert - denn wie gesagt - dann müsste dieser Systemwandel in allen Ländern auf der Welt stattfinden.
Wie können wir den Klimawandel eindämmen?
Damit wir das 1,5-Gradziel erreichen und somit das Klima und damit den aktuellen Lebensstandard auf unserer Erde erhalten können, ohne größere Veränderungen, gibt es wissenschaftlich klare Ziele, die eingehalten werden müssen.
"Dann müssen wir bis 2050 mit den Nettoemissionen auf null. [...] Und danach müssen wir massiv negative Emissionen fahren. Das heißt, wir müssen CO2 aus der Atmosphäre rausholen. Es muss global gelöst werden - wir müssen also Wege finden, dass auch in anderen Ländern, in denen viel emittiert wird, die gerade auch expandieren und sich entwickeln, dass dort die Emissionen deutlich runtergefahren werden." - Hans von Storch
Dazu benötigen wir dann eine gute Strategie, wie wir das CO2 aus unserer Atmosphäre entfernen können, so Hans von Storch. Außerdem müssen wir uns Gedanken darüber machen, wie wir in Zukunft mit den Veränderungen, die der Klimawandel mitbringt und die wir nicht aufhalten oder mindern können, umgehen werden. Bei allen Schritten ist dabei wichtig, dass diese so effektiv sind - sowohl für das Klima als auch wirtschaftlich - dass andere Länder dies freiwillig nachahmen wollen.
Verzichten möchte niemand - und deswegen werden das auch kaum Länder nachahmen.
"Das heißt, wir müssen wirtschaftlich attraktive Techniken entwickeln - wir und überall sonst auf der Welt - die angenommen werden von den Menschen. Und ich glaube, das gelingt nur, wenn die Menschen davon überzeugt sind, dass es wirtschaftlich attraktiv ist - nicht moralisch hochwertig. [...] Das heißt, wir sollten investieren - in die Entwicklung von Techniken, die emissionsarm und attraktiv sind - und dann diese Techniken verschenken. Oder uns klauen lassen." - Hans von Storch
Denn das Entscheidende, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, ist, dass diese Ideen und Techniken genutzt werden - von möglichst vielen Länden. Viel Potenzial um CO2 einzusparen sieht Hans von Storch zum Beispiel, wenn Menschen eine Möglichkeit entwickeln würden, Energie effizient, wirtschaftlich attraktiv und eben klimafreundlich zu speichern. Die zweite wichtige Idee, die wir noch brauchen, ist eine Technik, das CO2 aus unserer Atmosphäre wieder herauszubekommen.
Radfahren, vegan leben und Co.: Was bringt ein umweltfreundlicher Lebensstil?
Um die Masse an CO2 zu reduzieren, die wir auf unserem Planeten täglich in unserer Atmosphäre katapultieren, ist der Impact, dass du mit dem Rad zur Arbeit fährst, statt mit dem Auto, vergleichsweise klein. Einen größeren Hebel sieht Hans von Storch für den einzelnen Menschen in der Investition in nachhaltige Techniken. Allein durch eine moralische Vorbildrolle - sprich Radfahren und vegan leben zum Beispiel - können wir die Gigatonnen an CO2 in der Atmosphäre nicht konstant halten, geschweige denn verringern. Wer etwas gegen den Klimawandel tun möchte und wer es sich leisten kann - also vor allem auch Menschen aus den Industrieländern im globalen Norden, die letztlich auch die Hauptschuld am hohen CO2-Gehalt unserer Atmosphäre tragen - sollten regelmäßig in die Entwicklung solcher neuen Techniken investieren. Auch wenn das für dich jetzt vielleicht erst mal nicht genug erscheint und ein kleiner Downer ist, hat Hans von Storch noch ein paar beruhigende Worte am Ende des Interviews für uns:
"Natürlich - es ändern sich Dinge, es sind Herausforderungen da - die kommen in jedem Falle. Und wir müssen damit umgehen. Aber es ist nicht so, dass wir dann plötzlich alle tot umfallen [...]." - Hans von Storch
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