Matthias war ein erfolgreicher Topmanager, bis er beschlossen hat, sein Leben komplett zu verändern, eine Alm am Spitzingsee zu kaufen und in den Bergen zu leben. Er hat uns erzählt, wie sein Leben jetzt aussieht und ob es die richtige Entscheidung war.
2017 wurde die Obere Maxlraineralm zum Verkauf angeboten und von der Immobilienfirma als "perfekter Rückzugsort für das vollkommene Loslassen von allen Belastungen des täglichen Lebens" beschrieben. Matthias Schmidlin hat die Alm gekauft und ist seit dem in den Bergen zu Hause.
Matthias Schmidlin auf das Leben auf der Alm
Das Interview zum Nachhören
Vom Manager zum Hüttenwirt
Matthias war Manager bei Airbus und hatte eigentlich auch vor, das zu bleiben. Nach und nach kamen aber gesundheitliche Anzeichen der Überlastung und ethisch-moralische Zweifel an seiner Arbeit. Kampfflugzeuge nach Indien zu verkaufen und gleichzeitig zu sehen, wie dort Kinder auf der Straße verhungern, hat Matthias zur Selbstreflexion gezwungen.
Er hat gespürt, dass er das Hamsterrad in dem er arbeitet, verlassen will und bereit dafür ist, eine neue Reise zu beginnen.
Die Obere Maxlraineralm
Durch mehrere Zufälle hat Matthias 2017 mitbekommen, dass die Obere Maxlraineralm zum Verkauf angeboten wird und hat beschlossen, sie zu kaufen. Seit dem genießt er auf 1520 Meter eines der schönsten Panoramen Oberbayerns, vom tiefsten Zillertal bis hin zur Zugspitze.
Dort findet er Ruhe und kann sein Leben selbstbestimmt gestalten.
"Oben am Berg ist man selbstständig, man kann machen was man will, man kann das Tempo angeben und das was man kreiert und schafft ist etwas, was man für sich selbst macht. Das ist der fundamentale Unterschied." – Matthias Schmidlin
Eine Affinität zu den Bergen hatte er schon immer. Er ist auf der schwäbischen Alb zur Welt gekommen und seitdem er zweieinhalb Jahre alt war, gab es keinen Winter, in dem er nicht auf Skiern gestanden hätte. Jetzt lebt Matthias seinen Traum und kann die Berge sein Zuhause nennen.
"Die Berge geben einem sicherlich ein Gefühl der Ruhe, der Stärke, der Reflexion, das man nur sehr schwierig an anderen Orten findet." - Matthias Schmidlin
Kühe als Nachbar*innen
"Wir sind eine Alm, wie sie sich wirklich gehört." – Matthias Schmidlin
Und das heißt: Matthias hat Nachbarn, in Form von Kühen und Supermärkte oder Fahrstraßen gibt’s oben nicht. Die Obere Maxlraineralm ist nur durch Fußwege und Materialseilbahnen erschlossen. Und das findet er auch gut so.
"Das ist auch etwas, woran ich festhalten will: Eine wahre Alm, die man nur zu Fuß erreichen kann. Weil sobald oben auf der Alm das erste Auto steht, ist sicherlich der komplette Charakter der Alm dahin." – Matthias Schmidlin
Wer sich seine Bergstiefel anzieht und auf die Alm wandert kann dort Leckereien wie Kaiserschmarrn genießen und die Übernachtungsmöglichkeiten auf der Oberen Maxlraineralm nutzen.
Matthias würde auf der Alm gerne einen Erholungsort für gestresste Manager*innen schaffen, an dem sie zur Ruhe kommen können und ein Burn-out behandelt beziehungsweise präventiv vorgebeugt werden kann. Dafür stehen bauliche Veränderungen und Sanierungen an, die auch immer wieder auf Widerstand stoßen.
Sein Leben ist also nicht völlig von Stress befreit, es ist inzwischen aber eine andere Art von Stress, als wenn man unter wahnsinnigem wirtschaftlichen Druck steht, den man nicht kontrollieren kann.
Erst ein Brand, dann Corona
Im Februar diesen Jahres hat es auf der Alm gebrannt und als diese Tragödie überwunden war, folgte der Corona-Lockdown. Stellt man sich da nicht die Frage, ob das Leben auf der Alm wirklich die richtige Entscheidung war?
"[...] Wenn ich am Morgen mit einer Tasse Kaffee auf die Terrasse gehe und mich hinsetzte und den einzigartigen Ausblick genieße, von den höchsten Bergen des Zillertals bis hin zur Zugspitze und im Hintergrund die senkrecht überhängende Felswand des Taubensteins - spätestens dann sag ich mir: Ne, das ist der absolute Wahnsinn hier oben und ich hab alles richtig gemacht." - Matthias Schmidlin
Matthias kann jedem*jeder nur an's Herz legen, die Courage aufzubringen, sein Leben zu verändern, wenn der aktuelle berufliche Weg vermehrt zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führt. Dafür ist es nie zu spät und deswegen sollte man die Augen für Veränderungen auch immer offen halten.
"Die [Veränderungen] kommen ganz unverhofft und das Entscheidende ist, alles irgendwie auch zuzulassen und das Risiko auch nicht zu scheuen. Denn hinter jedem Berg kommt auch wieder eine positive Zeit, wo man Sachen bekommt, die man sich am Fuße des Berges gar nicht erhofft hat." - Matthias Schmidlin
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