Thomas Bröker ist Waldbademeister und bildet Leute zum Baden im Wald aus. So sollen sie vor der Großstadt flüchten können und den Kontakt zur Natur wieder zurückgewinnen.
Im Gespräch mit unserer Moderatorin Anna hat er noch mehr über seinen Beruf und seine Passion erzählt.
Bademeister ganz ohne Wasser
Wer jetzt ein Schwimmbad im Wald erwartet, liegt falsch. In der Großstadt sind wir heutzutage dauerhaft von Autos, Menschen, Lärm und verschmutzter Luft umgeben. Natur dagegen ist sehr gesund und tut uns gut - weiß doch eigentlich jedes Kind. Trotzdem verbringen die meisten von uns (zu) wenig Zeit in der Natur. Ein Waldbad soll also zur Ruhe verhelfen und einen Ausgleich zum stressigen Alltag unterstützen.
Waldbademeister Thomas Bröker zu Gast bei Anna
Das Interview zum Nachhören
Trend aus den USA oder Wissenschaft aus Japan?
Wenn man überlegt, dass wir uns durchschnittlich 95 Prozent unserer Zeit in geschlossenen Innenräumen aufhalten oder auf der Straße, wo die Luft in der Stadt stark belastet ist, klingt doch die Idee, im Wald zu baden, gar nicht so schlecht, oder? Ok, aber kann ich nicht einfach selbst im Wald spazieren gehen? - denkst du jetzt vielleicht - ohne Waldbademeister? Thomas betont, dass die meisten Menschen scheinbar wirklich jemanden brauchen, der sie an die Hand nimmt mit ihnen durch den Wald geht. Thomas und seine Kolleg*innen mussten nämlich auch erst mal lachen, nachdem sie Anfragen von der Polizeischule und vom Tourismusverband erhielten, um Kurse über das Waldbaden zu machen.
Tatsächlich wird in Japan seit über 30 Jahren daran geforscht, welche positiven Auswirkungen Naturaufenthalte für unseren Körper haben – das Waldbaden hat also eine wissenschaftliche Grundlage und ist nicht bloß ein Trend oder irgendeine Esoterik, sagt Thomas.
Unsere Sinne sind entschärft
Als egoModeratorin Anna klein war, ist sie jedes Wochenende mit ihrer Familie in den Wald gegangen und mittlerweile macht sie das mit ihren eigenen Kindern auch. Das weckt für sie immer schöne Kindheitserinnerungen. Den Wald hören, sehen, fühlen und riechen. Sollten wir alle wohl öfter tun. Stattdessen wachen wir morgens auf und schauen auf unser Handy. Ein maximaler Abstand von 50 Zentimeter zwischen Augen und Screen. Kann das gut sein? Je näher, desto stärker müssen sich die Augen anstrengen - gesund ist also anders! Im Wald gibt es größere Entfernungen und viel wichtiger: größere Dimensionen.
"Wir drehen uns im Kreis. Immer noch schneller, immer noch mehr Bildschirmzeit und Socialmedia-Konsum." - Waldbademeister Thomas Bröker
Auch für unser Gehör hat sich einiges verändert. In der Stadt ist es lauter als in der Natur. Autos, Menschen und Musik umgeben uns Tag für Tag. Anders als in der Natur, wo gerade mal ein Vogel zwitschert oder ein leichter Wind durch die Bäume pfeift. Unser Gehör gewöhnt sich also an die lauten Geräusche und nimmt die leisen nicht mehr richtig wahr.
Die Selbsterfahrung
Waldbademeister Thomas Bröker bietet zwei verschiedene Kurse an: die Selbsterfahrung und die Ausbildung zum Waldbademeister.
Zu Thomas kommen Menschen, die erkannt haben, dass sie das stressige Alltagsleben so nicht wollen und dass da noch mehr sein muss. Das Motto: Entschleunigung statt Beschleunigung.
Das Waldbaden beginnt in einem Gutshof in Rheinhessen und nach einer kleinen Einführung geht es auch schon direkt in den Wald. Viele Leute kommen mit einem hohen Stresslevel, deswegen wird am Anfang der Wald erstmal nur langsam kennengelernt – die Natur muss angenommen werden. In einzelnen Übungen werden die Sinne weiter geschult und gestärkt.
Beispiel: Person A trägt eine Augenbinde und Person B holt einen beliebigen Gegenstand aus dem Wald. Der muss dann nur mit Geruchs- und Tastsinn erkundet werden. Insgesamt wird bei der Selbsterfahrung in zwei Tagen eine gesunde Mischung aus Gruppen- und Soloaufgaben durchgeführt. Geschlafen wird dann im Gutshof, wo man abends auch mal die Tür hinter sich zu machen kann.
In der Gruppe anstatt Soloprojekt?
In Gruppen stapfen die angehenden Waldbademeister*innen zwischen Bäumen, kleinen Pflanzen und Grünflächen durch die Wälder. Aber warum? Wenn man sich vornimmt, nächste Woche alleine ins Fitnessstudio zu gehen, ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass man es dann wirklich macht. Irgendwas kommt doch immer dazwischen.
"In der Gruppe geht vieles leichter." - Thomas Bröker
Waldbademeister Azubis
Um die Ausbildung zum Waldbademeister zu absolvieren, musst du natürlich zuerst die Selbsterfahrung machen. Denn ohne Selbsterfahrung kannst du kein*e gute*r Lehrer*in sein. Nachdem du die zwei Tage Selbsterfahrung absolviert hast, wirst du in vier weiteren Tagen schließlich zum*zur Waldbademeister*in ausgebildet. Dabei lernst du, wie du deine eigene Waldbadepraxis aufmachst, inklusive Tipps zu Marketing und Kundengewinnung.
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