"Taking you from uptown to downtown with the artist who makes you expect the unexpected. So sit back, light up, and by all means have that bourbon waiting, because… DADDY’S HOME."
Who's your Daddy?
Für Annie Clark aka St. Vincent ist Daddy nicht nur die Person, die 2010 wegen Aktienmanipulation in den Knast und nun vor zwei Jahren wieder freikam - in gewissen Aspekten sieht sie sich selbst nun als Daddy, wie sie im Interview mit unserer Moderatorin Sandra im Chelsea Hotel erklärt:"The record I did in 2011, Strange Mercy, very much deals with my father's incarceration and all the sadness, anger, the ambivalence, the uncertainty. […] Now 10 years have gone on, and in some ways it's a kind of best-case scenario. I have a good relationship with my Dad, he’s very smart, very funny, a real character. But, yea, Daddy's Home, but also I am Daddy now. 10 years have gone by, you know, I've got shit to do, I've got responsibilities now, so the tables have kind of turned, so I wanted to play with that duality there." - St. Vincent
Im Fokus ihres neuen Albums steht nicht unbedingt die Vaterfigur an sich - obgleich sie hier und da sehr präsent ist. Die Einflüsse und Assoziationen an ihren eigenen Vater lässt sie durch seine Plattensammlung aufleben. So klingt Daddy's Home stark nach 70er Jahre Rock, Psych, Soul und Blues. Klanglich erinnert das Ganze wechselnd an Prince, Bowie, Alice Cooper oder Pink Floyd.
Daddy's Home ist also wie ein nostalgisches Schmökern durch die Vinylkartons auf dem Dachboden der Eltern.
Der Opener "Pay Your Way in Pain" ist dabei schon mal eine große Überraschung - während der Song mit süßem Klaviergeklimper und einer synthetisierten Sitar (die sich übrigens durch das komplette Album zieht) eröffnet wird, knallen knapp zehn Sekunden darauf dreckig knarzende Synthesizer rein. Die leider auch allzu schnell verebben und auch nicht mehr wirklich wieder kommen - "Pay Your Way in Pain" knüpft nur mal eben an das letzte Album Massseduction aus 2017 an, allerdings nur um einen klaren Cut zum Sound zu machen. Denn während sich St. Vincent auf der Vorgängerplatte noch als in Leder gehüllte Dominatrix einer Psychiatrie gegeben hat, schlüpft sie nun in eine neue Rolle und präsentiert eine ganz andere Welt:
Als Benzo Beauty Queen entführt uns die St. Vincent ins New York der 70er Jahre.
Eine Welt, in der man immer noch was aus sich machen konnte. Wenn auch nicht immer mit legalen Mitteln. Aber wenn das Wohl der Familie in Gefahr ist - welche Vollbluternährer*innen würden einen kleinen Schwenker ins Illegale nicht riskieren? Auch in diesem Gedanken findet sich also St. Vincents Vateridee wieder. Nicht alle Monster sitzen im Gefängnis - nicht alle, die im Gefängnis sitzen, sind Monster. St. Vincent erinnert mit Daddy's Home daran, dass wir Menschen nicht einfach vorverurteilen sollen."You swore you had paid your dues then put a payday in your uniform" - sing St. Vincent im Titeltrack "Daddy's Home"
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