Der nächste Musiktrend auf YouTube nach ASMR?
Dieses 8D klingt ein bisschen nach den acht Dimensionen, die es auch im Kino zu erleben gibt. Der normale Film besteht ja aus Bild und Ton, die dritte Dimension ist die Tiefe, das Bild wirkt also, als wenn es aus der Leinwand herauskommen würde. Als nächste Stufe folgen Sitze, die sich zum Gezeigten passend bewegen und dann gibt es noch XD, was bedeutet, dass du den Film mitbestimmen kannst. In der Musik steht das "D" aber nicht für Dimensionen, sondern für directions, also acht unterschiedliche Richtungen, aus denen der Sound kommt.
Musik, die in deinem Kopf herumwandert
Durch diese acht Richtungen klingt die Musik plötzlich, als ob sie in deinem Kopf herumwandern würde: von vorne nach hinten, von links nach rechts, von oben nach unten. Ganz neu ist das eigentlich nicht, denn auch mit einem 7.1 Heimkinosystem, die gerne mal mehrere Tausend Euro kosten, konntest du diesen Effekt bereits erleben. Jetzt aber gibt es das auch virtuell. Dadurch wirkt es, als würden beispielsweise Foster the People durch deinen Kopf tanzen, obwohl du nur deinen herkömmlichen Kopfhörer aufhast. Außerdem wird bei den meisten Liedern der Bass ein bisschen stärker, der Raumklang dafür etwas halliger.Dieses auditive Erlebnis stammt aber nicht von einer/m einzelnen/r Sounddesigner*in, sondern viele verschiedene Menschen arbeiten daran. "8D Tunes", der größte YouTube-Channel zu diesem Thema, wurde seit seiner Gründung im September 2015 von fast sechs Millionen Menschen abonniert. Dazu kommen aber noch viele weitere Anbieter*innen, die ebenfalls bekannte Lieder und vor allem Musik aus den Charts digital aufbereiten. Die Kommentare unter solchen Videos sind fast immer überschwänglich positiv - als hätten die User*innen tatsächlich gerade eine neue Dimension entdeckt. Sogar ein christlicher Blog schwärmt von diesem "unglaublich inspirierendes Klangerlebnis".
Erzeugt im PC
Die Herstellung eines solchen 8D-Songs ist nicht wirklich komplex, da ja nur bereits vorhandene Songs neu abgemischt werden. Bei einigen Liedern klingt es, als hätte unser 15-jähriges Ich gerade den Realtek Audio Manager entdeckt und würde nun den Hall-Effekt einsetzen und den Stereo-Regler von links nach rechts und wieder zurück wandern lassen. Üblicherweise wird dafür aber eine gängige Digital Audio Workstation verwendet. Für den Sound aus verschiedenen Richtungen besonders wichtig ist eine Einstellung, bei dem der Song frei um einen Kopf im Programm platziert wird, wie Sounddesigner Martin Rieger in seinem Tutorial zeigt:Vor allem Games-Hersteller arbeiten so, um ihre Spiele zu vertonen - gleichzeitig ist es aber auch genau das Richtige für den 8D-Effekt.
Virtuell bearbeitet statt real aufgenommen
Diese recht einfache Bearbeitung der Songs wirkt sich allerdings auch auf den Sound aus. Auch wenn die Kommentator*innen 8D Musik in den Himmel loben, mehr als ein einfacher Hall und einem erweiterten Stereo-Effekt ist aus einer bereits fertigen Audiospur dann doch nicht rauszuholen. Außerdem wird dieses Sounddesign meist doch eher technisch, als künstlerisch eingesetzt - Rücksicht auf besondere Elemente, unterschiedliche Strophen oder Instrumente wird fast nie genommen.Wesentlich eindrucksvoller wirkt Musik, die bereits so aufgenommen wurde, dass ein solcher Effekt entstehen soll. Das ist beispielsweise in "Time" von Pink Floyd der Fall, wobei es hier statt den acht Richtungen nur links und rechts gibt. Das wohl beste Beispiel für die 8D Musik ist vermutlich dieser - bereits über zehn Jahre alte (!) - virtuelle Besuch bei einem Friseur:
Obwohl wir selbst nicht zu hundert Prozent von diesem wiederbelebten Hype überzeugt sind, haben wir dir eine Playlist erstellt. Hör dich mal durch - vielleicht fasziniert es dich ja mehr!
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