IPCC veröffentlicht neuen Klimabericht

IPCC veröffentlicht neuen Klimabericht

Es braucht globale Veränderungen und radikale Maßnahmen

Von  Miriam Fischer
Um die Folgen der Klimakatastrophe noch abzuwenden, müssen die Treibhausgasemissionen in nahezu allen Bereichen aller spätestens ab 2025 drastisch sinken - das macht der Weltklimarat mit seinem neuesten Bericht deutlich.


Eine nachhaltige Zukunft für alle

Diese Woche ist der dritte Teil des sechsten Sachstandsberichts des Weltklimarats veröffentlicht worden. Der erste Teil, der letzten Sommer erschien, konzentrierte sich auf die naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels, der zweite Teil, der Anfang März folgte, legte den Fokus auf die Folgen des Klimawandels, nötige Anpassungen und das Thema Verwundbarkeit. Mehr Infos zu den ersten beiden Teilen findest du hier. Für den dritten und letzten Teil des sechsten Sachstandsberichts haben sich die Wissenschaftler*innen abschließend angeschaut, wo wir aktuell stehen und welche Optionen wir noch haben, um Treibhausgasemissionen zu reduzieren und die Klimakatastrophe abzuwenden. "This report identifies options that can build a sustainable future for all". Dafür wurden Energiesysteme, Städte und Sektoren wie Land- und Forstwirtschaft, Landnutzung, Gebäude, Verkehr und Industrie betrachtet. Den kompletten Bericht kannst du dir hier ansehen. 

Momentan steuern wir auf eine Erwärmung von 3,2 Grad zu

Die aktuellen Bemühungen und auch die gesetzten Ziele der Staaten genügen nicht, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, das ist bereits bekannt. Auch welch katastrophale Folgen eine Verfehlung dieses Ziels mit sich bringt, wird seit Jahren immer wieder betont. Trotzdem befinden wir uns "auf der Überholspur Richtung Klima-Desaster ", wie UN-Generalsekretär Antonio Guterres es beschreibt. Und um das zu ändern und die Klimakatastrophe doch noch abzumildern, bleibt uns nicht mehr viel Zeit - genau genommen maximal bis 2025. Aller spätestens ab dann dürfen die Treibhausgasemissionen nicht mehr (wie aktuell der Fall) weiter steigen, sondern müssen drastisch sinken - und das muss jetzt mit sofortigen und tiefgreifenden Maßnahmen in Gang gebracht werden. "Es gilt jetzt oder nie", sagt auch der Co-Vorsitzende der für den Bericht verantwortlichen Arbeitsgruppe, Jim Skea. Denn in den letzten Jahren sind die Emissionen zwar langsamer gewachsen, allerdings nicht gesunken und deswegen heute höher als jemals zuvor in der Geschichte der Menschheit - dadurch wird das Fenster, in dem die Klimakatastrophe noch abgeschwächt werden kann, immer kleiner.

Um das 1,5-Grad-Ziel noch zu erreichen, müssen die CO2-Emissionen bis zum Jahr 2030 um mindestens 43 Prozent im Vergleich zum Jahr 2019 reduziert werden, Methan mindestens um ein Drittel. Ab 2050 müssten wir dann theoretisch weltweit CO2-neutral leben. In der Praxis ist das kaum möglich, weswegen unvermeidbare Emissionen ausgeglichen werden müssen. Entweder durch natürliche Möglichkeiten wie beispielsweise die Aufforstung oder durch technische Optionen wie Carbon Capture and Storage (CCS), welche bisher allerdings nicht gut genug funktionieren und zudem umstritten sind. Diese Ausgleichsmöglichkeiten muss es allerdings immer on top geben und sie ersetzen in keinem Fall eine Reduktion der Emissionen. 

Es sind globale Veränderungen und radikale Maßnahmen nötig

Um die Klimakatastrophe abzuschwächen, gibt es verschiedene Hebel. Die wichtigsten zeigt diese Grafik des IPCC-Berichts im Überblick. Umso länger die Balken sind, umso mehr Tonnen an CO2-Äquivalenten ließen sich einsparen:


Die Grafik macht deutlich, wo die größten Potenziale liegen:

Bei Sonnenenergie, Windkraft und im Schutz der Wälder. Gute Nachrichten in diesem Zusammenhang sind, dass die Kosten im Bereich erneuerbare Energien seit 2010 gesunken sind, Sonnen- und Windenergie sowie Lithium-Batterien sind seitdem um bis zu 85 Prozent billiger geworden. So werden erneuerbare Energien an vielen Orten immer konkurrenzfähiger gegenüber den fossilen Brennstoffen, was bei der Reduktion von Treibhausgasemissionen einen erheblichen Einfluss hat. Denn ein Großteil unserer Emissionen entsteht durch unseren Verbrauch von fossiler Energie und dem Umgang mit Rohstoffen. Der Einsatz von Öl, Kohle und Gas muss deswegen drastisch reduziert werden.

Der Verkehr stellt die kostengünstigste Möglichkeit dar, CO2-Emissionen einzusparen.

Teilweise könnten klimafreundliche Maßnahmen im Bereich Verkehr sogar dazu führen, das Geld gespart wird. Das liegt vor allem daran, dass schon heute viele Optionen zur Verfügung stehen, die lediglich genutzt werden müssen, wie zum Beispiel der Einsatz von Elektrofahrzeugen, die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln, ein effizienterer Schiff- und Luftverkehr oder auch der Umstieg auf Fahrräder. Diese Maßnahmen alleine genügen aber nicht, um den Klimawandel abzuwenden, da der Bereich Verkehr nur einen Teil der gesamten Emissionen ausmacht - um genau zu sein 23 Prozent der Emissionen, die durch Energienutzung entstehen. Es braucht also weitere Anpassungen.

Viele Maßnahmen sind zwar teuer, aber definitiv möglich.

Auch in anderen Bereichen ließen sich Treibhausgasemissionen gut einsparen: Um die Industrie, die rund ein Viertel der Emissionen ausmacht, klimafreundlicher zu gestalten, müssen vor allem fossile Roh- und Brennstoffe ersetzt und die Kreislaufwirtschaft vorangebracht werden. Mehr zum Thema Kreislaufwirtschaft findest du hier. Der Städtebau könnte beispielsweise durch nachhaltige und energieeffiziente Gebäudeplanung, den Einsatz von erneuerbarem Strom und durch mehr Begrünung klimafreundlicher werden. Beim Thema Ernährung geht der IPCC vor allem auf pflanzliche Ernährung ein, die einen positiven Effekt auf unsere Umwelt hat. Nachhaltige Landwirtschaft birgt das Potenzial, 1,8 bis 4,1 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr einzusparen. All diese Maßnahmen sind zwar zu Beginn kostenintensiv und es müssten wesentlich mehr finanzielle Mittel für den Klimaschutz aufgewendet werden, aber das würde sich auf Dauer auszahlen. Denn die Klimaschäden, die ansonsten drohen, würden unsere Wirtschaftsleistung wesentlich mehr schwächen.

Außerdem haben all diese Anpassungen auch einen Einfluss auf unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit: Auf elektrischen Verkehr zu setzen verbessert beispielsweise gleichzeitig die Luftqualität, eine pflanzliche Ernährung wirkt sich positiv auf unseren Körper aus und eine nachhaltige Nutzung der Landwirtschaft hilft dem Artenschutz und könnte außerdem sogar mehr Platz für Natur und erneuerbare Energien schaffen. 

Dass wir in fast allen Bereichen die Möglichkeit haben, Treibhausgasemissionen einzusparen - und diese Möglichkeiten natürlich dringend nutzen müssen - zeigt auch das Video, das der IPCC veröffentlicht hat:


"Dies ist der erste IPCC-Bericht, der eine eingehende Einschätzung darüber liefert, wie menschliches Verhalten, Entscheidungen und Konsum zur Eindämmung des Klimawandels beitragen können", heißt es in dem Video.

Es spielen also auch individuelle Lebensstile eine Rolle, vor allem die wohlhabendsten Menschen sollten allerdings laut IPCC als erstes ihr Leben sparsamer gestalten, immerhin sind die reichsten zehn Prozent der Haushalte für 36 bis 45 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich

Unser Klima ist unsere Zukunft - Unsere Zukunft liegt in unseren Händen

Wie extrem die Folgen der Klimakatastrophe werden, hängt davon ab, wie Politiker*innen jetzt handeln. Denn viel Zeit bleibt nicht mehr, um die Erderwärmung auf 1,5-Grad zu begrenzen. Und selbst durch eine Kombination aus Reduktion und Ausgleich würden wir eine Erwärmung von 1,5 Grad vermutlich gegen Mitte des Jahrhunderts kurzzeitig überschreiten, anschließend würde die Temperatur bis zum Ende des Jahrhunderts allerdings auch wieder sinken, wenn wir langfristig Treibhausgase aus der Atmosphäre ziehen und so Negativ-Emissionen erreichen. Die "Vollständige Zusammenfassung für die politische Entscheidungsfindung" soll Politiker*innen künftig als Handlungsgrundlage dafür dienen. Im September will der IPCC dann noch einen Synthese-Bericht veröffentlichen.

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